- Erholung
Sternenpark Pfälzerwald: Mehr als glitzernder Sternenhimmel
Zeit für ein Gespräch mit Anna Katharina Prim. Sie ist Projektleiterin "Sternenpark Pfälzerwald" im Biosphärenreservat, kennt in dieser Region die dunkelsten Stellen und macht sich zusammen mit anderen für eine geringere Lichtverschmutzung stark.
Den Begriff „Sternenpark“ prägte die International Dark Sky Association (IDA), die sich seit 1988 gegen die Lichtverschmutzung einsetzt. Sternenparks sind Regionen, die nachts besonders dunkel sind, so dass viele Sterne zu sehen sind. In Deutschland gibt es aktuell vier zertifizierte Sternenparks, in der Eifel, in der Rhön, im Westhavelland und auf der Winklmoosalm in Oberbayern. Die Nordseeinsel Spiekeroog steht kurz vor ihrer Zertifizierung. Seit 2018 ist der Sternenpark Pfälzerwald auf diesem Weg. Die Europäische Union und das Land Rheinland-Pfalz fördern das Projekt.
Das Projekt entstand auf Initiative der TU Kaiserslautern, die mit ersten Lichtmessungen begann. Die TU führt bis heute in mehreren Nächten pro Monat diese für eine Zertifizierung wichtigen Messungen durch. Das Biosphärenreservat Pfälzerwald ist der Projektträger, Kooperationspartner sind zum Beispiel Landesforsten und die Energieagentur Rheinland-Pfalz. Viel Unterstützung bekommen wir von den Menschen in der Region. Sie lieben ihre Natur und wissen, wie schön ein Sternenhimmel hier sein kann.
Die Gemeinden müssen einiges verändern, um die Anforderungen für eine Zertifizierung als „Gemeinde unter den Sternen“ zu erfüllen. Zum Beispiel bei der Straßenbeleuchtung: Zwar nutzen viele Gemeinden heute aus Kosten- und Klimagründen bereits LED-Beleuchtungen, jedoch muss die Lichtfarbe, Lichtintensität und Leuchtdauer ebenfalls angepasst werden. Für den Tourismus ist diese Zertifizierung jedoch ein Pluspunkt, zumal „Stargazing“ – also Sterneschauen – ein richtiger Trend ist…
Die erste zertifizierte Gemeinde ist seit Mitte April dieses Jahres Rumbach in der Südpfalz, andere Kommunen haben die ersten Schritte hin zur Zertifizierung begonnen.
Ja, das stimmt. Gastronomie, Hotellerie und Vermieter von Ferienwohnungen und Zimmern können sich als „Gastgeber unter den Sternen“ zertifizieren lassen. Diese Gastgeber stellen zum Beispiel Equipment zum Sternebeobachten zur Verfügung, haben die Beleuchtung am Haus angepasst oder bieten einen späten Check-out und späteres Frühstück an, damit man nach einer langen Nacht ausschlafen kann. Bisher sind einige im Bereich des geplanten Sternenparks ansässige Gastgeber zertifiziert, weitere werden noch in diesem Jahr folgen.
Im Sommer 2022 wird der sogenannte Sternwandelweg in der Nähe von Lemberg eröffnet. Auf einer Strecke von fünf Kilometern informieren zwölf Tafeln mit interaktiven Elementen über die geschichtliche Bedeutung des Lichts in unserer Welt, die Auswirkungen künstlichen Lichts für Flora und Fauna und Möglichkeiten der Vermeidung von Lichtverschmutzung. Ergänzend planen wir Sternbeobachtungspunkte mit Tafeln über den Sternenhimmel in den verschiedenen Jahreszeiten. Hier sind mehrere Standorte im Pfälzerwald im Gespräch, die sowohl für Laien als auch für Astrofotografen mit ihrer zum Teil schweren Ausrüstung gut erreichbar sind. Vorschläge für Sternbeobachtungspunkte sind übrigens bei uns immer willkommen – wer einen Tipp hat, kann sich gerne melden.
Intakte Nachtlandschaften sind für funktionierende Ökosysteme wichtig. Die Lichtverschmutzung nimmt jedes Jahr um zwei bis sechs Prozent zu. Besonders schädlich ist blaues Licht. Insekten fliegen zum Beispiel nachts um die Lampen herum, bis sie vor Erschöpfung sterben. In Zeiten des Insektensterbens ist das mehr als problematisch, denn manche Pflanzen – zum Beispiel Kräuter – werden nur nachts bestäubt. Viele Vögel orientieren sich auf ihren Flugrouten am Licht und verlieren ihre Orientierung, wenn sich die Lichtverhältnisse verändern. Und das sind nur einige Beispiele.
Die Lichtverschmutzung lässt sich mit wenigen Mitteln bremsen und sogar rückgängig machen. Zum Beispiel können wir auf LED- und Solarlampen in Gärten und auf Balkonen verzichten. Sie sind zwar schön anzuschauen, aber eigentlich unnötig und vor allem schädlich für die Natur, insbesondere für Insekten. Das Motto sollte sein: Beleuchte nur, wenn es wirklich nötig ist. Die wichtigsten Tipps für die Außenbeleuchtung in Haus und Garten haben wir übrigens auf unserer Website zusammengestellt.
Die Medien berichten in den letzten Jahren häufiger über Sonnen- und Mondfinsternisse, Kometen, Meteorschauer oder den sogenannten „Supermond“. Das hat viele neugierig gemacht. Viele erleben das Beobachten des Sternenhimmels als Auszeit vom Stress, alles ist still, fast bewegungslos. Das bringt eine innere Ruhe, der Kopf wird frei und man fühlt sich als kleiner Teil eines großen Ganzen.
Wichtig ist klares, möglichst wolkenloses Wetter. Eine Ausrüstung braucht man am Anfang nicht. Von den rund 6000 Sternen, die von der Erde aus zu sehen sind, können Menschen an einem dunklen Ort etwa 4000 mit bloßem Auge erkennen. Zum Vergleich: In einer Stadt mit ihren vielen Lichtern sind es gerade einmal 200 Sterne. Die meisten Sterne sieht man bei Neumond oder wenn die Mondsichel schmal ist. Das Sternebeobachten beginnt am besten bei einsetzender Dämmerung, so sieht man, wie sich der Himmel mit mehr und mehr Sternen füllt. Wichtig: Handy und andere Lichtquellen ausmachen und höchstens Taschen- oder Stirnlampen mit Rotlicht nutzen, denn das Auge braucht eine gute Viertelstunde für die Dunkeladaption. Wer beim Sternebeobachten eine App benutzt, sollte diese ebenfalls auf rotes Licht umstellen.
Anna Katharina Prim ist Geowissenschaftlerin und arbeitete zuvor in der Museumspädagogik verschiedener Museen sowie im Klimaerlebniszentrum Sinsheim. Bis voraussichtlich Ende 2021 verantwortet sie das Projekt „Sternenpark Pfälzerwald“. Dass sie selbst gerne den Sternenhimmel betrachtet, versteht sich eigentlich von selbst…