- Sport und Spaß
Interview: Kathrin Heckmann alias Fräulein Draußen erwandert die Welt
Ich war schon als Kind gerne draußen, hab unsere Familienwanderungen (soweit ich mich erinnern kann) immer genossen und wollte auch meinen Rucksack immer selber tragen. Als Jugendliche waren dann aber definitiv andere Sachen spannender, deswegen hab ich das Wandern dann auch erst mit Anfang 20 als Studentin so richtig für mich entdeckt. Freunde haben mich damals mal mit auf einen Münchner Hausberg genommen, danach war es um mich geschehen und ich hab‘ mit unserem Familienhund fast jedes Wochenende Touren unternommen. Nach und nach wurden meine Wanderungen dann länger, abenteuerlicher und auch internationaler…
Das hab ich nie so wirklich überschlagen, wahrscheinlich weil es mir nicht wichtig ist. Einige Tausend waren es auf jeden Fall, letztlich bin ich aber keine „Extrem-Wanderin“ oder Dauerreisende (auch wenn es manchmal vielleicht den Anschein macht). Ich bin einfach gern draußen.
Ich bin zwar nicht immer allein unterwegs, aber relativ viel, und das oft auch ganz bewusst. Dann bin ich weniger abgelenkt, nehme meine Umgebung und mich selbst viel bewusster wahr. Außerdem gehe ich offener auf Menschen zu. Und natürlich hat das Solowandern praktische Vorteile: Man kann in seinem eigenen Tempo gehen und Pausen einlegen, wenn man sie braucht. Natürlich bringt das Alleinsein auch Nachteile mit sich. So kann man zum Beispiel keine schönen, insbesondere aber auch keine schlechten Momente mit jemandem teilen und ist ganz allein für alles verantwortlich. Hinterher ist man dafür aber auch besonders stolz auf sich. Für mich macht es wie so oft die Mischung und ich würde weder auf meine Solo-Touren noch auf Touren mit anderen zusammen verzichten wollen.
Oft ziemlich spontan und ganz nach Gefühl. Grundsätzlich suche ich immer ein möglichst ungestörtes Naturerlebnis, also Wanderwege mit möglichst wenig Zivilisation und anderen Menschen.
Für mich ist Wandern einfach die beste Art, die Welt zu entdecken. Wenn man sich langsam zu Fuß in der Natur bewegt, ist man ganz nah an allem dran und sieht so viele Dinge, die man sonst verpassen würde. Aber auch sich selbst wieder ein Stück näher zu kommen, fällt beim Wandern besonders leicht. Toll ist außerdem, dass man so gut wie immer und überall wandern kann. Man braucht quasi nicht mehr als ein paar bequeme Schuhe und einen Rucksack. Das Wichtigste ist jedoch, dass man regelmäßig Zeit in der Natur verbringt, auf welche Art und Weise auch immer. Wer keine Lust auf Wandern hat, macht das eben beim Joggen oder Radfahren.
Loszulaufen und zu wissen, dass man eine Zeit lang nichts anderes tun muss, als einen Fuß vor den anderen zu setzen, ist unglaublich befreiend und erholsam. Gerade zu Beginn kann das aber durchaus eine kleine (oder auch große) Herausforderung sein – und das nicht nur körperlich. Wir Menschen sind es oft einfach gar nicht mehr gewohnt, eine Weile lang „nichts“ zu tun, mit uns allein zu sein, ohne blinkende Bildschirme und klingelnde Telefone. Da muss der Kopf erstmal umschalten, das kann durchaus eine Weile dauern. Deswegen ist mein Tipp, langsam anzufangen und nicht direkt die große Alpenüberquerung zu planen. Schöne Wanderwege gibt es in Deutschland ja zum Glück überall.
2016 bin ich drei Monate und 1.500 Kilometer lang durch Großbritannien gewandert. Das war meine bisher längste Tour, meine erste lange Fernwanderung und der Startschuss in meine Selbstständigkeit als Vollzeit-Bloggerin – ein großes Abenteuer in vielerlei Hinsicht also. Bis heute ist Großbritannien übrigens eines meiner Lieblingsländer fürs Wandern.
Mittlerweile habe ich da natürlich eine gewisse Routine, vor meinen ersten Touren habe ich allerdings sehr viel Zeit mit der Recherche rund um meine Ausrüstung verbracht. Mir war wichtig, nicht unnötig schwer zu tragen, gleichzeitig wollte ich aber ein Mindestmaß an Komfort und Wetterfestigkeit. Diese Faktoren sind nicht einfach zu vereinen, aber ich glaube es ist mir ganz gut gelungen, denn mit vielen dieser Ausrüstungsgegenstände aus meiner Anfangszeit bin ich bis heute unterwegs. Ansonsten versuche ich immer, eine gewisse Grundfitness zu halten, nicht zuletzt um Verletzungen und Überbelastungen vorzubeugen. Dabei schenke ich nicht zuletzt auch den Füßen Beachtung. Schließlich sind die Füße beim Wandern das Allerwichtigste! Und ein paar einfache Übungen wie Fersenheben können da wahre Wunder wirken…
Neben den essenziellen Dingen wie Schlafsack und Isomatte würde ich nur sehr ungern auf einen heißen Kaffee morgens im Zelt verzichten. Deswegen ist immer ein leichter Gaskocher in meinem Gepäck. „Luxus“-Gegenstände sind mein E-Book-Reader und ein kleines Fernglas für Naturentdeckungen unterwegs.
Es wird oft gedacht, dass Wanderschuhe möglichst robust und stabil sein müssen. Solche Schuhe haben zweifelsohne ihre Berechtigung, insbesondere im Gebirge oder auf anspruchsvollen Trekkingtouren in unwegsamem Gelände. In vielen Fällen ist man allerdings mit leichteren Schuhen, deren Sohle flexibler ist, besser beraten. Das ist gesünder für die Füße und die Beine ermüden nicht so schnell – immerhin muss man das Gewicht der Schuhe bei jedem Schritt hochheben! Da machen 200 Gramm mehr oder weniger schon eine Menge aus.
Wandern ist dank der Kombination aus sanfter Entschleunigung und gemäßigtem Ausdauertraining einfach großartig für die körperliche und mentale Gesundheit. Zumal das Gehen immer noch die natürlichste und damit gesündeste Art der Fortbewegung ist. Ich bin definitiv so fit wie noch nie, was auch daran liegt, dass ich nach und nach auch andere Sportarten wie Trailrunning oder Radfahren für mich entdeckt habe. Bevor ich mit dem Wandern angefangen habe, war ich komplett unsportlich.
In persönlicher Hinsicht bin ich auf jeden Fall ausgeglichener, glücklicher und mir selbst einfach viel näher. Das ist ein schönes Gefühl, das ich definitiv nicht zuletzt meinen Wanderungen und Reisen zu verdanken habe – insbesondere auch den längeren Touren, die ich allein unternommen habe.
Learning by doing! Das Schreiben lag mir zwar schon immer irgendwie, der Blog und all die Dinge drumherum haben sich Stück für Stück entwickelt – und damit auch meine Fähigkeiten. Ich hab meinen Blog damals ziemlich spontan gegründet und einige Jahre lediglich rein aus Freude betrieben. Dabei hab‘ ich viel ausprobiert, dazugelernt und mich so nach und nach verbessert. Dass ich damit einmal meinen Lebensunterhalt bestreiten oder ein Buch schreiben würde, daran hätte ich damals nicht im Traum gedacht.
Es gibt wahnsinnig viele gut ausgeschilderte (Fern-)Wanderwege durch spannende Regionen in Deutschland, von denen ich leider selbst bisher nur einen klitzekleinen Bruchteil kenne. Sehr positiv überrascht hat mich zum Beispiel der Saar-Hunsrück-Steig im Saarland. Der Weg führt vielerorts sehr naturnah über kleine Pfade und Steige. Auch Brandenburg mag ich gern, zum Beispiel die Uckermärker Landrunde.
Ich möchte definitiv mehr von Deutschland sehen (und zwar nicht erst seit Corona). Nachdem ich in den letzten Jahren viel in der weiten Welt unterwegs war, ist es jetzt für mich fast schon genauso spannend, die Welt vor der eigenen Haustür zu entdecken. Eine bestimmte Tour hab‘ ich aktuell nicht, da werde ich meiner Spontanität wie so oft freien Lauf lassen.
Mir hat gerade erst eine Instagram-Followerin vom Pfälzer Waldpfad vorgeschwärmt, einem 142 Kilometer langen Fernwanderweg, den man sogar noch mit dem 172 Kilometer langen Weinsteig verbinden kann. Ich sehe da definitiv Potenzial für die Zukunft :).
Kathrin Heckmann alias Fräulein Draußen ist seit 2013 als Outdoor-Reisebloggerin überall in der Welt unterwegs – zu Fuß und inzwischen auch mit dem Fahrrad. Über ihre Touren, Erlebnisse und Erkenntnisse schreibt sie in ihrem Blog „Fräulein Draußen“ und in ihrem Buch „Fräulein Draußen – wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand“.